Catharina Regina                   Auf die Erleuchtung des Blinden am Wege

von Greiffenberg

1633 -  1694                                        Du schwache Allmacht, du des Siegers überwinder!

die selbste Freyheit freut, von dir bestrickt zu seyn.

Recht auf Magnetisch du ziehst Wunder Ding’ herein:

du rührst des Höchsten Herz, des Heiles Hülff-verbinder.

 

die Engel-Sonn steht still vor dir, du armer Blinder!

was hält der Glaube nicht, steht Gottes Wesens Schein?

wer überwindet GOtt? der Glaube thut’s allein.

Er ist der Gottheit-Weg, auch Ziel’ und Willens finder.

 

Er ist ihr unterstand, in dem sie herrlich würkt.

Die Allmacht-Muschel sich dem Glaubens-Thau auffschliest:

zu Wunder-Perlen bald Vertrauens-Krafft erspriest,

 

Die, diß vollkommen sie, sein Schutzes-Schal bezikt.

Das Plulfer kracht, so bald ein Fünklein-Feur drein fällt:

die Allmacht macht, wann sich der Glaube zu ihr hält.

 

 

 

 

 

 

Catharina Regina                   Auf die Wunder-Übung

von Greiffenberg                   an dem Taub-Stumm- und Blinden.

1633 -  1694                                       

Was ist Wunder, daß der Stumm’ also-bald zu reden pfleget:

weil des Wortes Lebens-Quelle, Christi Mund, ihm einen Safft

durch bespürzen mitgetheilet, welcher löst der Zungen hafft,

und den Finger, der die Welt selbst erschuff’ auf ihn geleget?

 

solt des HErren Donner-Wort, das die Felsen selber reget,

nicht auch in des Tauben Ohren haben gleiche Wunder-Krafft?

der die erste Haupt-Bewegung in den Himmels-Kreißen schafft,

macht auch leichtlich, daß, der Blind, seiner Augen Glanz beweget.

 

Seine Werk’, auch also löblich, wie sie seyn, will er doch nicht,

daß man sie durch Lobes-Schall mache durch die Welt erklingen.

Je mehr man die Flamme birget, je viel heller sie ausbricht;

 

ziehet man den Bogen stark, nur die Pfeile weiter springen;

so das Lob durchdringt die Wolken deiner Demut, sagt mit Pracht:

Du, den alle Welt soll ehren, hast es alles wol gemacht!

 

 

 

 

Catharina Regina                   An die allübertreffende, von keinem

von Greiffenberg                   Lob nie erreichte Gottes Güte.

1633 -  1694                                       

Ach du aller Wunder Wunder, und des Höchsten höchste That!

Gütigkeit, von der sich selbst dieser lässet überwinden,

der Unüberwindlich sonst. Sünd, und Noht und Tod verschwinden,

wann mit Herzen-süssem fliessen, du erweichest Gottes Raht.

 

Du hast stäts in Gottes Herze die Allherrschend’ Oberstatt.

Nichts ist der Göttlichkeit, das dich übertrifft, zufinden.

Du kanst Gottes Allmacht-Hand, schutzend stärken, straffend binden.

Die gesamte Menschen-Wolfart aus dir ihren Ursprung hat.

 

Du vermenschest GOtt, O Güte! daß der Mensch unsterblich wird:

ja willst selbst, dein Gegentheil, Grausamkeit, an GOtt verüben:

daß du nur an uns erfüllest deine süsse Lieb-Beggird.

 

Alles, ja GOtt selbst, du gibst: uns nur Ewig Treu zu lieben.

Guter GOtt und Gottes Güte! meine Schrifft erreicht dich nicht:

mit von Lieb verzuckten schweigen deinen Ruhm man mehr ausspricht.

 

 

 

 

 

Catharina Regina                   Über Christus Leben und Leiden

von Greiffenberg                   Nach dem Lateinischen

1633 -  1694                                       

Der Mensch-Erschaffer, hat die Menschheit angezogen.

Es sauget an der Brust, der mit den Sternen schafft.

Es hungert, selbst das Brod: es dürft, en Lebens-Safft.

Das Urliecht selber, schläfft. Der Weg, wird selbst bewogen.

 

Die Warheit, wird verklagt; des Richters Recht, gebogen:

Gerechtigkeit, verdammt; die Zucht, mit schmeiß gestrafft.

Die Ehre, wird gehört. Die Freyheit, ligt in Hafft.

Das wesend Leben, stirbt, ist in den Tod geflogen.

 

Aus Thränen-Samen, wächst die frohe Lachens-Frucht.

Das Herrlich Paradeiß, folgt, auf die Elend-Flucht.

So ist Er wahrer Mensch, und wahrer GOtt: doch Einer:

 

desgleichen nie gewest, auch künfftig seyn wird keiner.

Die Wunderlichst Person, verricht die seltnest That.

Schau, Mensch! was Gabe GOtt für dich gegeben hat!

 

 

 

 

Catharina Regina                   Über das allerheiligste Leiden

von Greiffenberg                   meines Heilandes

1633 -  1694                                       

O Jesu, Gottes Sohn! wie soll ich recht aussprechen

die unaussprechlich Treu, so du an mir gethan?

vor lauter Lieb’ und Gier, und Wunder, ich nicht kan

die starken Geistes trieb, den Schall der Wörter, brechen.

 

Die Geistesregungen, die grossen Wallfisch, stechen

die Hirnes-Däme durch, und lassen keine Bahn

der Würckung, daß sie sich kan schwingen Himmel an.

Doch treue Herz-Andacht soll ihren Mangel rächen.

 

Was darf es auch viel Wort, wo Herz und Thaten reden.

ein jeder Striem lehrt mehr, als Platons ganze Witz.

So ist auch nur das Herz der Dank-erkäntnuß Sitz:

 

daß will zwar, wie die Zung, vor überfluß erblöden.

weil deines Leidens Zweck, mich neu und Herrlich machen:

gieb neues Herz und Mund, zu preisen deine Sachen!

 

 

 

 

 

Catharina Regina                   Über meines Erlösers Trauren am Oelberg

von Greiffenberg

1633 -  1694                                        Ach traurstu, meine Lust? du traurst, mich zuerquicken,

gebohrner Freudenfürst, der Engel Jubel-Pracht!

dein Zittern, mir mein Herz vor Schmerz zerspringen macht:

und meine Sünde mich, dein Zitter-Ursach, reue.

 

Ich will die Bußes Asch auf deine Blut-Glut streuen,

die meine Sünd entzündt: daß der nicht werd gedacht.

Daß meines werd getröst, ist dir dein Herz verschmacht,

ja lieb-zerschmolzen gar, aus lauter GOttes treuen:

 

du littest, daß es dich verließ, in mich zufliessen,

Dein’ Angst, in meiner Angst Erfreuung mir zusagt.

Du zagest, Helden Held! daß würden unverzagt

 

Die Erzverzweifelten, und sich auf dich verließen.

Weil dir dein Herz, aus Lieb zu meinem Herzen bricht:

sich meines auch, vor Lieb, in dein Herz ganz einflicht.

 

 

 

Auf des Traurenden Christi

herz- und schmerzliches Gebet

 

Der die Erde selbst erschaffen: fällt hie auf sein Angesicht,

auf die Erd. Es betet hier, der aufs höchte anzubeten.

Der uns all’ aus Noht erlöst, zaget hie in seinen Nöten.

Ach sein Fußfall, uns im Himmel Ewig das Gesicht aufricht.

 

Wie der Fall des ersten Menschen, unsern Unschuld Thurn abbricht:

also fällt der ander’, uns aus dem Schuld-Thurn zu erretten.

Ein Ort, ihn in Abgrund senkt: und das ein an dieser Ketten

zieht, durch sein Verdienstes-Schwärheit, uns in Gottes Gnaden-Liecht.

 

Selbst die Unbeweglichkeit, die dem Fleiß zersplittert, zittert.

Der die Erden beben macht, bebet selbst vor Furcht und Angst.

Gottes Zornes-Donner ihm alle Aederlein zersplittert:

 

daß du deren Heiles-Kräffte, meine Seel, dadurch erlangst;

und der Balsam seines Bluts, vom zerbrochnen Glas, dem Leibe,

sich in dich ergieß’ und fließ, Ruch und Ruh in dir verbleibe.

 

 

 

Über den GOtt-schmerzlichen, uns tröstlichen,

Leidens- und Erlösungs-Anfang im Oelgarten

 

Wie Wunder-weißlich muß doch Gottes Werk geschehn!

im Eden-Garten wurd die erste Sünd begangen:

und die Erlösung hat im Garten angefangen.

Gleich an dem Ort des Falls, mußt Rettung auferstehn.

 

So schöne Rosen ja hat niemand nie gesehn,

als meines Jesus Blut, mit der die Erd kan prangen.

Es heilt den Mordes-Biß der Höll-verfluchten Schlangen.

Aus jenem kan mehr Heil, als Noht aus dem aufgehn.

 

Ach! GOtt! dir ist die Krafft vom Herzen weggeronnen!

des Vatters Zornesglut schmelzt dir das Herz im Leib:

hast Herz-Erquickungs-Safft mir Armen mit gewonnen:

 

daß ich auch in dem Tod nicht ungetröstet bleib’.

O Blut- und Angstes-Schweiß! wollst mir mein Herze kühlen,

wann Feur der Trübsals-Hitz’ und Aengsten ich muß fühlen.

 

 

 

 

 

Catharina Regina                   Auf den allertheurest- und sauresten

von Greiffenberg                   Blut-Angstschweiß

1633 -  1694                                       

Du aller Kräfften Krafft, der Lebens-Säfte Bronnen,

der Herzens-Geister Geist, der alle Ding’ erquickt,

bist jetzt, O Wunder-Noht! vor Aengsten schier erstickt,

daß dir das Herz im Leib’ ist wie ein Wachs zerronnen.

 

O HERR! du hast dadurch uns neue Krafft gewonnen.

Des Vaters Feuer-Aug dich gribbiglich anblickt,

die heisse Zornes-Glut, dich zu verzehren, schickt:

dadurch wir Ewig sind der Höllenflammj’ entronnen.

 

Dein Blutes-Purpur-Thau, den Edlen Perlen gleicht:

die baisst und stösst man wol, wann man sie auf will lösen.

Du wurdest von dem Bach der Trübsal sehr geweicht,

 

und littest stöß’ und schläg’, O Jammer! von den bösen.

Solch köstlich Wasser labt das fast-verschmachte Herz:

dein Perlen-Blut-Safft stillt, der Seelen Sünden-schmerz.

 

 

 

 

 

Catharina Regina                   Auf meines Erlösers Bande, im Oelgarten

von Greiffenberg

1633 -  1694                                        Was Wunder! lässt sich dann der Erzerlöser binden?

die selbste Freyheit man mit Banden hier bestrickt,

von Sünden-Fässeln wird der Heiligste gedrückt.

Die unbegreifflichkeit, lässt sich mit Seil umwinden.

 

Den unerforschlichen sie hie, zum Binden, finden.

Die Ewig Ewigkeit, in Kerker wird gerückt.

Die Welt-Erbauungs-Hand, sich in die Stricke schmückt.

Ach hätt, durch Allmacht, Er doch können wol verschwinden.

 

Ja eben dieses ist der Wunder Mittelpunct,

daß der Allherrschend’ HErr so willig war zu Leide,

wolt GOttheits-Erbe-Recht mit Lust im Leiden meiden:

 

daß nur die klare Lieb’ hell aus dem Herzen funkt’.

Er hat durch seine Band der unsern uns entbunden,

und selbe von uns ab-auf seinem Leib gewunden.

 

 

 

 

Catharina Regina                   Auf den, meinem Heiland unwürdigst

von Greiffenberg                   gegebenen Backenstreich

1633 -  1694                                       

Ach! daß nicht diesem stracks ein Donnerstreich kommt vor!

was wart der Himmel, was die Erde, umzubringen

den Erzverbrecher, daß sie ihn nicht gleich verschlingen?

Ach! daß die Hölle nicht eröffnet ihre Thor?

 

du Haupt-Anbetungs-Zweck dem ganzen Engel-Chor,

der Schönheit Erz-Auszug! ach solst du nicht bezwingen

die Panther-Herzen, und dein Strahl sie nicht durchdringen?

Ach nein, dein Backenstreich mein Antlitz hebt empor.

 

Der Thron der Herrlichkeit, wird hie vor mich geschlagen.

Dem Strahlen Brunn, der Sonn, vergeht hie das Gesicht:

daß meins mit Hülf’ und Trost werd Ewig aufgericht.

 

Er leidt die Straff, daß wir das Bild der Glori tragen.

Die Erz- und einig Freud, sein Angesicht, zusehen,

must dieser Sünden-Streich in dieses Lust-Ort gehen.

 

 

 

 

 

Catharina Regina                   Auf Christi Bekäntnuß,

von Greiffenberg                   vor dem Hohenpriester Caiphas:

1633 -  1694                                        du sagsts, Ich bins!

 

Jetzt lässt die Gottheits-Sonn ein Wesens-Strahle fallen.

Jetzt schickt’s ein Donner-Wort aus ihren Himmel-Mund.

Jetzt macht sie, daß sie sey das Wort und Warheit, kund.

Sie lässt den Engel-Thon, das klar Bekäntnuß, schallen.

 

Ich bins: der Ewig GOtt, der alles ist in allen;

der Schrifft und Bilder Ziel: des Heils und Segens Grund,

auf dem das ganz Gebäu der Welt-Erlösung stund’

wie könte doch die Sonn der Warheit heller strahlen?

 

die Warheit, die sich GOtt vor Menschen hie bekennt,

wird dort die Menschen vor der Gottheit auch bekennen.

Ach laß’ auch vor der Welt dein Dienerin mich nennen,

 

beherzt in Noht und Tod, daß nichts von dir mich trennt.

Gib daß ich keck beten, vor aller Menschen Macht,

daß Glaub’ in dem Verdienst allein uns Seelig macht.

 

 

 

 

 

Catharina Regina                   Auf meines schönsten Seelen-Herrschers

von Greiffenberg                   Verspott- und Verspeyung

1633 -  1694                                       

Du reiner Gottheit-Glanz, den gar die Seraphinnen

sich unbedecket selbst, zu loben, wagen nicht!

wird mit dem Sündenschlamm, dem Speichel, hie verpicht

die Quell der Reinigkeit, lässt sich mit Koht umrinnen,

 

in dem am Thabor vor die Göttlich Schön’ erschienen.

Der Höllen Unflat jetzt das Drachen-Gifft anricht,

er schiest jetzt seinen Strahl in unser Lebens-Liecht.

Noch pfleget Gottes Lieb’ im Speyungs-Meer zu brinnen.

 

Ach wesentliche Ehr der selbsten Göttlichkeit!

wie kanst des Spottes du doch fähig seyn, und dulten?

es ist kein Eusserung der Liebes-Macht zu weit,

 

und nichts unleidenlich so GOtt-gleich-grossen Hulden.

Je mehr die Göttlichkeit die Strahle in sich rückt,

je mehrer deren Krafft aus deinem Leiden blickt.

 

 

 

 

 

 

Catharina Regina                   Auf meines liebsten JEsu

von Greiffenberg                   schmerzliche Geiselung

1633 -  1694                                       

Ach GOtt-vereinter Leib, Erzheiligtum der Erden,

du Tempel voller Geist, du Tugend-Himmels-Thron,

Herz der Dreyfaltigkeit, du wahrer Gottes Sohn!

mustu gegeißlet dann von Sünd und Sündern werden?

 

du leidest mit Gedult die blutigen beschwerden.

Die äusserst Unschuld leidt der Haupt-verbrechen Lohn.

Du hast die Schmerzen, ich die Wollust-Wonn, davon.

Mich rettend, gibstu dich in alle haupt-gefärden.

 

Ach! ach! ein jeder Schmiß geht mir durch Seel und Herz!

mein Lebens Geist aus mir, wie dein Blut aus dir dringet.

Wär’s nicht Undankbarkeit und unleidbarer Schmerz:

 

ich wolt Erlösung nicht, weil’s dir so Schmerzen bringet.

Doch weil dein Haupt-Lieb mich und mein Lieb’ überwindt:

ich so viel Glut, als Blut, der Lieb’ in mir empfind.

 

 

 

 

 

Catharina Regina                   Auf meines hochverdienten

von Greiffenberg                   Heilandes Dornen-Krone

1633 -  1694                                       

Du, aller Engel Kron, der Himmel Zier und Pracht,

von dessen wehrtem Haupt die Gottheit-Strahlen blitzen,

lässt mit der Dornen-Kron den Thron der Hoheit ritzen,

vom Tyger-drucken dir ein jede Ader kracht.

 

Wol! uns ein jeder Dorn ein Leben-Quell aufmacht,

aus der Erlösungs Safft, die Blut-Rubinen, spritzen.

Es hängt mein’ Himmels-Kron an diesen Stachelspitzen,

die du erworben hast in dieser Leidens-Schlacht.

 

Sie solten in mein Herz, nit in sein Haupt, seyn gangen!

doch nein: mein-Heil geschickt, und deine Liebe, must

durch diesen Dörner-Weg zu ihrem Ziel gelangen.

 

Du duldest Stachel-Riß, erwirbst mir Rosen-Lust.

Lieb, der ich mich zu Lieb will willig ritzen lassen:

gib, daß ich dich ausbreit’ in Kron- und Sternen-Strassen!

 

 

 

 

 

Catharina Regina                   Auf das erbarmbare Jammer-Bild

von Greiffenberg                   meines allerliebsten HErrn JEsu.

1633 -  1694                                        Sehet welch ein Mensch

 

Ach sehet, welch ein Mensch! der schönste, so gebohren

in und auch vor der Zeit, des Vatters Herzen-Lust!

der Engel Wunder-Zweck, vor unsre Sünde must

der Schmerzen Schießziel seyn, damit wir unverlohren.

 

Der GOtt-vereinigt Leib zum Abgrund wird erkohren,

wo alle Qual hinrinn, von unsern Sünden-Wust.

Es bricht, ob diesen Platz, des Zornes Wolken-brust,

das ganze Sünden Heer sticht ihm mit seinen Sporen.

 

Ach Edler Aethna du! du flammest lauter Liebe,

ein jedes Tröpflein ist ein Lieb-entglühte Kohl.

Ach! daß ich nicht mein Herz in deine Striemen schiebe,

 

und einen Gold-Geist mir aus deinen Wunden hol.

Seht Wunder! welch ein Mensch, der GOtt und uns versühnet,

mit höchster Schmerzen-Schmach uns Himmels-Ehr verdienet!

 

 

Auf deßen schwereste Creutztragung

 

Der, so den Himmel sonst, doch ohne Schmerzen, träget;

der nur den Sternen winkt, so thun sie was Er schafft:

ist mit dem schweren Joch der Dienstbarkeit behafft.

daß unerträglich’ Ihm zutragen GOtt aufleget.

 

Die Schuld der ganzen Welt Er auf den Schultern heget,

Ach itzt erscheinet recht der hohen Gottheit Krafft:

die ist in Mattigkeit, der Menschheit Lebens-safft:

und menschlich Fähigkeit, die so zu leiden pfleget.

 

Ach Er hat auch mein Creutz mit seinem hier gefasst.

was Gottes Leib berührt, das pfleget er zu weyhen:

wie kan doch immer seyn so süsse Last verhasst!

 

was von dem Segen-brunn her fließet, muß gedeyen.

er trägt nit nur sein Creutz, auch mich mit samt dem meinen.

aus dem Erkäntnus-baum, kan GOttes Lieb’ er erscheinen!

 

 

 

Catharina Regina                   Auf Christi Schmerz- und erbärmliche

von Greiffenberg                   Creutzigung

1633 -  1694                                       

O hohe Wunderstund! in der ans Creutz geschlagen

der Himmel-Herrscher wird. Der wahre GOttes Sohn,

hie leidet an dem Holz. Der sonst in Gottes Thron das

das Allmacht-Zepter führt, muß jetzt das Fluch-Holz tragen.

 

Die GOttheit ist in ihm, doch nicht in Leidensplagen.

Die Sonn wird nicht genetzt, scheint sie im Wasser schon.

Die GOttheit, gibt ihm Krafft, ist des Verdienstes Kron,

erhält die Mensch-Natur, und läst sie nicht verzagen.

 

Die Glori-Strahlen sie einziehet, nicht die Krafft.

Er äussert sich allein der Majestät, Macht, Würden,

und seiner Gottheit nicht: die ihm die Krafft verschafft,

 

daß Er vollziehe kan die innern Lieb Begierden.

Sie ist der Gold-Geist, der das schwere Leidens-Bley,

vor GOtt Goldgültig macht, daß es Erlösung sey.

 

 

 

 

 

 

 

 

Catharina Regina                   Auf die allergrausamste und erbärmlichste

von Greiffenberg                   Creutzigung, meines Erlösers

1633 -  1694                                       

Seht Wunder, was ist das? GOtt, an das Creutz anhafften!

jetzt siht die Brunnen man der Lieb recht offen stehn:

die liebe Lebens-Flüß’ aus allen Adern gehn;

jetzt springt Erlösungs-Quell aus allen Leibes-Kräfften.

 

Die wesentliche Gnad, vermängt in diesen Säfften,

wir sichtbar nun vor uns in Blut-Rubinen sehn.

Doch muß der Heilig Geist die Krafft ins Herze wehn:

ohn Ihn, verstehn wir nichts in diesen Heilgeschäfften.

 

Du wirst ans Creutz, und wir an Himmels-Thron, erhaben:

hängst bloß, damit uns dort dein’ Heiligkeit bekleid.

Je reicher herrscht die Lieb, je mehr die Schmerzen toben.

 

Viel eh die Seel vom Leib, als unsre Lieb, sich scheidt.

Er ist gecreutziget, daß wir gekrönet werden.

Daß uns der Himmel lab, verschmacht Er auf der Erden.

 

 

 

 

 

Catharina Regina                   Über das Wort:

von Greiffenberg                   Er ward ein Fluch am Holz

1633 -  1694                                       

Der Segen wird ein Fluch: auf daß der Fluch den Segen

vom Fluch erlangen kan: Gerechtigkeit zur Sünd:

auf daß Rechtfärtigung in ihr die Sünde find.

der Haubt-Gerechte, will die schuld auf Unschuld legen,

 

und die selbstschuldigen lossprechen auch dargegen.

Hier lieb’ ein Zornes-Feur, fürs liebste Herz ent-zünd.

die Erzempfindlichkeit sich selber überwind,

hasst ihren innern Zweck, der Feinde mit zupflegen.

 

Es senkt ins Schmerzen-Meer, der Freuden-Ursprung sich.

des Wesens Quell und Ziel, die Selbstheit alles Lustes,

verstürzt sich, uns zu lieb, in Abgrund unsers wustes,

 

in Sünd- und Schmerzenhöll: so welt-verwunderlich.

Sein’ Heiligkeit, wolt nicht des Drachen Rachen fliehen:

daß uns verschlungene sie tönt aus solchem ziehen.

 

 

 

 

Catharina Regina                   Auf den, meinem Heiland gegebenen Rohrstab

von Greiffenberg

1633 -  1694                                        Ich bin das brochne Rohr: O HErr, erhalte mich.

Zerbrich mich nur nicht gar, erbarme dich der schwachen.

Ein leichter anstoß-Wind kan mich bald wanken machen.

In mir ist keine Krafft: Ach binde mich an dich!

 

es lasse, was dein Geist einbläst, vernemen sich!

es schallen aus dem Mund, die eingegebnen Sache!

ach halt’ es an dein Herz, da dir die Knecht’ einstachen:

so wird dein Blut, seim Mark, recht Herzergetzbarlich.

 

Laß mich die Röhren seyn, nach deinem hohen Willen,

durch die dein Ehr und Lob das Land pflegt anzufüllen,

und wider Preiß und Dank durch sie gen Himmel steigt:

 

der Segen werd’ herab, der Ruhm hinauf, geneigt.

Nur würdig mich, mein GOtt, dein Gnad in mich zu giessen.

Ob ich schon solche Ehr muß Leben-lassend büssen.

 

 

 

 

 

Catharina Regina                   Auf CHRIsti Verlassenheit am Creutz

von Greiffenberg

1633 -  1694                                        Ach Zuflucht! mustu denn ietzt selbst verlassen seyn,

du, du barmherzigs Herz, von dem, der selber heisset

die Erzbarmherzigkeit, der du dich stäts befleisset,

zu seyn der Armen Trost und Gnaden-Sonnen-Schein?

 

Du niemandlassender, erleidst Verlassungs-Pein:

dadurch dein Gnaden-Kron stäts von Erbarmung gleisset.

der aller Elenden Beschwernussen zerreisset,

den druckt Hülflosigkeit, der schwerest Unglück-Stein.

 

HErr, diese Nöhten-Klag hast du vor mich gethan:

daß mir’s am reichen Trost und Hülff nit solte fehlen.

Ja kurz: aus diesem Wort, solt mein’ Errettung quellen.

 

Die Straff hastu erduldt, mich geht sie nicht mehr an.

Mein JEsus, laß mich dich und diß zu Herzen fassen:

du woltest nicht nur seyn, ja selbsten dich, verlassen.

 

 

 

 

 

 

 

Catharina Regina                   Die sieben Erzgnaden-Worte

von Greiffenberg                   unsers Erlösers am Creutz

1633 -  1694                                       

 

Das Erste:

 

Vater vergib’ Ihnen, sie wissen nicht, was sie thun.

 

Vergib’ O Vatter, das, was sie an mir verbringen.

die That ist böß: iedoch mein mild-vergoßnes Blut

ist für die bösen, ja für die Vergiesser, gut.

Ich laß’ es auch für die, so mich verwunden springen;

 

das Leben soll’ in ihm der Tödter-Tod verschlingen.

Es ist der ganzen Welt ein Liebes-Feuer Glut:

und wunderreichst zugleich ein Sünde-Tilgungs-Flut:

mit iedem Tröpflein, auch Vergebungen ausdringen.

 

Reut sie das übel nur, so ist es schon gebüst:

mein Gnadenherz sich bloß mit Reu und Demut weidet.

Ich will, daß diese Schaar meins Blutes Krafft geniesst:

 

auf daß, aus unwehrts-furcht, man ie sein Heil nit meidet.

wer ist unwehrter doch, als die mich selbst verwund?

noch mach ich, wann sie nur mir trauen, auch gesund.

 

 

Das II. Wort

 

Warlich warlich ich sage dir: Heut wirstu

mit mir im Paradeiß seyn.

 

Der ich die Warheit bin, dazu der Weg’ und Leben,

zu und im Paradeiß, ich sage gnädigst dir:

daß, ob du mich und dich schon hangen siehst allhier,

du in demselben doch, sampt mir, heut noch solst schweben.

 

Der, der es selber ist, kan ja das Leben geben!

kein GOtt- noch Lebens-Krafft spürstu zwar jetzt an mir:

denn, als ein Würmlein, ich erwirb die Himmels-Zier:

mein tieffste Nidrigkeit kan Himmel-an erheben.

 

Wer GOttes Kind, und mir ein treuer Knecht, will seyn,

der muß mein Creutz nit nur bloß lieben, sondern tragen,

und durch den Bach am Weg zum Himmel gehen ein.

 

An denen hab ich nur mein Lust und wolbehage,

die mir, wie du, am Creutz, auch wider allen Schein,

vertrauen. Daß du würdst erlöß’t, ließ ich mich schlagen.

 

 

Das III. Wort

 

Weib, sihe, das ist dein Sohn

 

Ach Mutter, die mein Schmerz, wie euch der eure, kränket!

verzeiht mirs, daß ich mehr eur Heil als Freude such.

Ich muß es thun, es steht also von mir im Buch.-

Mein Gnad’ und eure Sünd, mich in diß Elend senket.

 

Damit ihr aber nicht euch gar verlassen denket,

so seht, daß Sterbend euch versorgt mein Schaffungs-Spruch,

so hab’ ich, ob ich schon jetzt bin am Creutz ein Fluch,

Johannes Herz zu euch, und eurs zu ihm, gelenket.

 

Und du, mein liebster Freund, wollst meiner Mutter pflegen,

als der, in deren Leib ich diesen an mich nahm,

in dem ich fähig ward vor euer Heil zu sterben.

 

Es kan, der schmerzen Krafft, die Liebe nicht erlegen.

Ihr Leid, ist auch ein Als an diesem Creutzes-Stamm,

an dem ich’s Leben will, durch Sterben, euch erwerben.

 

 

Das IV. Wort

 

Mich dürstet.

 

Mich dürstet: daß ich euch an Freud kan truncken machen,

daß ihr vor gutem Muht jauchzt in der Ewigkeit.

Mein Blut, so dürstig ist, daß es euch Ruh bereit,

daß seiner tropffen Schweiß wie Purpur-Thau herbrachen.

 

Es dürstet nach dem Durst der fast verschmachten Schwachen.

und daß es ihnen selbst könnt werden mit der Zeit

ein Trank: ihr werdet dadurch des Seelen-Dursts befreyt.

Der Durst ist, nicht nach Wein, nach Herz-Erquickungs Sachen.

 

Ich könt den Felsen auch wol schlagen, wann ich wolt,

ich selbst der Lebens-Brunn könt frische Quellen schaffen,

ja daß mir in den Mund ein Bächlein rinnen solt.

 

daß ihr wurd Ewig satt, mich alle Mängel traffen.

Schau, alles diß, O Mensch, ich willig leid vor dich.

Mit Buse-Thränen solst du wider träncken mich.

 

 

Das V. Wort

 

Mein GOtt, mein GOtt,

warum hastu mich verlassen.

 

Mein GOtt, wie hast’ auf mich Verlassung lassen fallen!

dein ganzes Zornes-Heer jetzt stürmet auf mich ein.

Ach! du entzeuchst mir ganz den GOtt- und Gnadenschein.

Ich bin ein Würmlein nur, das Elendst unter allen.

 

Mein süsse Labung, sind die herb’ und bittern Gallen.

Doch soll mirs eitel Trost und Zucker-Wollust seyn,

wann mit der meinen ich vertrieb der Menschen Pein.

In grösten Schmerzen pflegt mein Herz vor Lieb zu wallen.

 

Ich will mich lieber selbst, als sie, verlassen sehn.

Und wann ich noch so viel, ja mehr noch, aus solt stehn,

so trauret mich doch nichts: wann sie es nur geniessen.

 

Mein’ Haupt-Verlassung, sey ihr stäter Trostes-Brunn.

Daß sie sie finmden stäts, mir alle Hülf zerrünn’.

Mein Blut soll von mir weg, sie zu erquicken, fliessen.

 

 

Das VI. Wort

 

Es ist vollbracht

 

Es ist der Feind erlegt, der Höll’ ihr Macht geraubet;

der Schlangen Haupt zerknirscht, gesetz’ und Schrifft erfüllt,

Gewissens Anklag’ ist, auch Gottes Zorn, gestillt,

mit diesem Helden-Streich das Höllen-Reich betaubet,

 

den Armen Seelen auch der Himmels-Trost erlaubet.

Umsonst der Höllisch Drach nun auf die Frommen brüllt:

in meinem Sieges-Fahn sie herrlich sind verhüllt.

Höll, Teuffel, Sünd’ und Tod, schadt nichts dem der fäst glaubet.

 

Daß ganz’ Erlösungs-Werk ist völlig nun vollbracht;:

daß Opffer, so ich bin, auf Ewig schon geschlachtet.

Ich hab’ es alles wol, allein, und gar, gemacht:

 

wer weiter Opffern will, mein völligkeit verachtet.

Nun alles ist durch mich, was euch erlöst, verzicht:

drum lasst eur selb-Verdienst, seit mir allein verpflicht!

 

 

Das VII.

 

Vatter! ich befehl meinen Geist in deine Hände.

 

Mit meinem, ich dir auch in deine Gnaden-Hände

gib’ aller Christen-Geist. Mein Sterben sie belebt:

mein Leib’-eingrabung sie in deine Schoß erhebt:

mein’ Höll’ ihr’ Himmel-fahrt und Paradeiß anlände.

 

Auf daß in deiner Hand mein Geist, ich ihm hersende,

den ihren Ruh bereit: wornach ich lang gestrebt,

in Herz- und Höllen-Pein, im Blut und Creutz geschwebt,

 

biß endlich ich erlangt diß meines [Leidens] Ende.

                                                         [Endes]

 

Dieweil ja meine Lieb’ am Leiden nicht vergnügt:

so will ich sterben auch, auf daß unsterblich werde

die selbste Sterblichkeit. Mein Tod den Tod besiegt.

 

Die Auferstehung bring’ mit mir ich in die erde.

Ihr meinet, ihr verschlingt das Leben, Erd’ und Tod!

Nein! es hat minder nie mit ihm, als sterbend Noht.